Insgesamt sind die Eingangszahlen beim Sozialgericht Reutlingen im abgelaufenen Jahr 2022 im Verglich zu den Vorjahren stark rückläufig (2.430 Klagen und Anträge im Vergleich zu 2.986 in 2021 und 2.833 in 2020). Die Tendenz zieht sich durch alle Rechtsgebiete, wobei es hier durchaus Schwankungen gibt. Während die Eingangszahlen im Bereich gesetzliche Unfallversicherung und Arbeitslosenversicherung nur leicht rückläufig waren, sind im Bereich Kranken- und Pflegeversicherung und SGB II (früher Hartz IV, jetzt Bürgergeld) deutlich weniger Klagen anhängig gemacht worden. Dies dürfte unter anderem damit zusammenhängen, dass es im Jahre 2022 deutlich weniger Abrechnungsstreitigkeiten zwischen Krankenhäusern und gesetzlichen Krankenkassen gab. Ob dies so bleibt, wird sich zeigen.
Gab es in den Jahren 2020 und 2021 noch erhebliche Einschränkungen bei den mündlichen Verhandlungen auf Grund der Coronamaßnahmen hat sich dies jedenfalls im Laufe des Jahres 2022 weitgehend normalisiert. Auffällige Auswirkung jedoch ist, dass am Sozialgericht Reutlingen nun vermehrt die Videotechnik zur Durchführung von mündlichen Verhandlungen und Erörterungsterminen zum Einsatz kommt. Insbesondere die beklagten Behörden, aber auch RechtsanwältInnen machen vermehrt hiervon Gebrauch.
Die erledigten Verfahren im Jahre 2022 waren mit 2.664 auf einem ähnlichen Niveau wie 2021 (2.801), wobei der Anteil an Gerichtsbescheiden (also Entscheidungen im schriftlichen Verfahren ohne Mitwirkung ehrenamtlicher Richter) mit 380 im Vergleich zu klassischen Urteilen im Rahmen einer mündlichen Verhandlung (366) nur noch etwa die Hälfte ausmacht. In den Vorjahren lag die Quote noch bei fast 60% Gerichtsbescheiden. Diese Entwicklung dürfte auf das Ende der Coronamaßnahmen zurückzuführen sein und damit wieder eine vermehrte Verhandlung in Präsenz.
Von sämtlichen erledigten Verfahren musste das Sozialgericht Reutlingen im Jahre 2022 in fast 30% der Fälle eine Entscheidung (Urteil, Gerichtsbescheid, Beschluss) treffen, wobei hier die KlägerInnen in ca. 77% der Fälle unterlagen, die Klage oder der Antrag also abgewiesen wurde. Dies bedeutet aber auch, dass die Behörde in den meisten der vom Gericht zu überprüfenden Fälle richtig entschieden hatte, sodass eine hohe Quote bei den abweisenden Entscheidungen zugleich eine überwiegend rechtmäßige Entscheidungsquote der Behörden bedeutet. Diese Zahlen bewegen sich seit Jahren auf ähnlichem Niveau.
Die durchschnittliche Verfahrensdauer hat sich im Jahr 2022 im Vergleich zum Jahr 2021 von 12,2 Monate auf genau 13 Monate erhöht. Die Gründe hierfür liegen unter anderem darin, dass insbesondere im Bereich Schwerbehindertenrecht die ärztliche Stellungnahme des beklagten Regierungspräsidiums in nahezu allen Fällen mittlerweile sehr lange auf sich warten lässt.