Die Eingangszahlen beim Sozialgericht Reutlingen sind im Jahre 2021 im Vergleich zum Vorjahr leicht angestiegen (2.986 Klagen und Anträge im Vergleich zu 2.833 im Jahr 2020). Ein erhöhtes Klageaufkommen in Verbindung mit der bestehenden Corona-Pandemie ist nicht zu verzeichnen. Da der Gesetzgeber z.B. die zunächst auf 31.12.2021 befristete eingeschränkte Vermögensprüfung im Bereich SGB II (sog. Hartz IV) bis zum 31.12.2022 verlängert hat, sind derzeit weniger Verfahren in diesem Segment zu verzeichnen. Ob es im Nachgang hierzu zu vermehrten Rückforderungen der Jobcenter und damit zu einem erhöhten Klageaufkommen kommt, bleibt abzuwarten.
Auf weiterhin hohem Eingangsniveau bewegen sich die Verfahren im Bereich SGB V (Kranken- und Pflegeversicherung), was unter anderem auch damit zu tun hat, dass es hier vermehrt zu Abrechnungsstreitigkeiten zwischen Krankenhäusern und Krankenkassen (sog. Leistungserbringerstreitigkeiten) über Vergütungsansprüche von stationären Behandlungen kommt. Hierbei wird z.B. von den Krankenkassen moniert, dass ein Patient, der aber von dem sozialgerichtlichen Verfahren nicht betroffen ist und sich keiner (Rück-) Forderung ausgesetzt sieht, früher wieder hätte entlassen werden können und die Rechnung des Krankenhauses entsprechend zu kürzen ist.
Auch 2021 war der Gerichtsablauf im Bereich der mündlichen Verhandlungen teilweise eingeschränkt. Durch den vermehrten Einsatz von Videotechnik wurde jedoch erreicht, dass im Vergleich zu 2020 mehr Verfahren erledigt werden konnten (2021 konnten insgesamt 2.801 Klagen und Anträge erledigt werden). Coronabedingt blieb der Anteil an Gerichtsbescheiden (also Entscheidungen im schriftlichen Verfahren ohne Mitwirkung ehrenamtlicher Richter) wie schon im Jahre 2020 auf hohem Niveau. Von den 711 ergangenen Entscheidungen ergingen 462 durch Gerichtsbescheid und 309 durch klassisches Urteil im Rahmen einer mündlichen Verhandlung.
Von sämtlichen erledigten Verfahren musste das Sozialgericht Reutlingen im Jahre 2021 in fast 30% der Fälle eine Entscheidung (Urteil, Gerichtsbescheid, Beschluss) treffen, wobei hier die KlägerInnen in ca. 77% der Fälle unterlagen, die Klage oder der Antrag also abgewiesen wurde. Dies bedeutet aber auch, dass die Behörde in den meisten der vom Gericht zu überprüfenden Fälle richtig entschieden hatte, sodass eine hohe Quote bei den abweisenden Entscheidungen zugleich eine überwiegend rechtmäßige Entscheidungsquote der Behörden bedeutet.
Die durchschnittliche Verfahrensdauer hat sich im Jahr 2021 im Vergleich zum Jahr 2020 von 11,9 Monate auf 12,2 Monate unwesentlich erhöht, wobei dies unter anderem auch damit zu tun hat, dass es bei den Verfahrensbeteiligten (Anwälte, Behörden, Sachverständige und Gutachter) zu verzögerten Rückläufen kam, ohne dass das Gericht hierauf Einfluss hatte.