Im Rahmen des jährlichen Pressegesprächs des Sozialgerichts Reutlingen berichtete der Präsident des Sozialgerichts Martin Rother über die Geschäftsentwicklung und stellte eine Sammlung mit aktuellen Entscheidungen des Sozialgerichts vor.
Die Zahlen der im Jahr 2017 eingegangenen Klagen und Anträge auf einstweiligen Rechtsschutz sind im Vergleich zum Vorjahr gesunken. Maßgeblich dafür war u.a., dass im Jahr 2016 ein Streit zwischen einem Krankenhaus und einer Krankenkasse zu außergewöhnlich vielen Klagen geführt hatte.
Insgesamt gingen die meisten Klagen und Eilanträge im Jahr 2017 im Bereich der Grundsicherung für Arbeitsuchende ein. In absteigender Reihe folgten Verfahren im Bereich des Schwerbehindertenrechts, der Rentenversicherung, der Kranken- und Pflegeversicherung, der Unfallversicherung, im Sozialhilferecht einschließlich der Verfahren nach dem Asylbewerberleistungsgesetz und der Arbeitslosenversicherung. Anders als bei den Verwaltungsgerichten haben die Migrationsbewegungen in den letzten Jahren bei den Sozialgerichten zu keinem spürbaren Zuwachs von gerichtlichen Verfahren geführt.
Die durchschnittliche Laufzeit eines gerichtlichen Verfahrens konnte im Vergleich zum Vorjahr gesenkt werden und liegt derzeit bei 11,8 Monaten. Maßgeblich erklärt sich diese Dauer durch die in vielen Verfahren notwendigen medizinischen Ermittlungen mit Anfragen bei behandelnden Ärzten und Einholung von Sachverständigengutachten. Zudem konnte der Bestand an anhängigen Verfahren verringert werden. Am Jahresende 2016 waren beim Sozialgericht Reutlingen noch 3.299 Verfahren anhängig, Ende 2017 nur noch 2.920 Verfahren.
Die genauen Zahlen enthalten die beigefügten Tabellen. In Ergänzung dieser Tabellen ist anzumerken, dass die Zahl der sog. Untätigkeitsklagen im Jahr 2017 gegenüber den Vorjahren deutlich gestiegen ist. Diese Untätigkeitsklagen sind zulässig, wenn eine Behörde über einen Antrag nicht innerhalb von sechs Monaten bzw. über einen Widerspruch nicht innerhalb von drei Monaten entschieden hat. Mit einer Untätigkeitsklage kann nur erreicht werden, dass die Behörde zur Entscheidung verurteilt wird. Der Inhalt der Entscheidung kann vom Gericht nicht vorgegeben werden. Auffällig ist zudem ein vermehrtes Tätigwerden einer überregionalen Anwaltskanzlei, die sich auf die Bearbeitung von Klagen im Bereich der Grundsicherung für Arbeitsuchende spezialisiert hat.
Nach wie vor spielen im Rentenversicherungsrecht die sog. Statusverfahren, in denen festzustellen ist, ob eine abhängige Beschäftigung oder eine selbständige Tätigkeit vorliegt, eine große Rolle. Streit hierüber entsteht häufig bei Gesellschafter-Geschäftsführern von Gesellschaften mit beschränkter Haftung (GmbH). Im Recht der Grundsicherung für Arbeitsuchende wird, wenn Leistungsempfänger ihren Verpflichtungen aus Eingliederungsvereinbarungen nicht nachkommen oder zu Meldeterminen beim Jobcenter nicht erscheinen, immer wieder über den Eintritt von Sanktionen gestritten.
Einen Einblick in diese Themen sowie einen ausschnittsweisen Überblick über die weitere Rechtsprechung des Sozialgerichts Reutlingen der vergangenen zwölf Monate bietet die beigefügte Fallsammlung.