Gesetzlich Krankenversicherte haben keinen Anspruch gegen ihre Krankenkasse auf Übernahme der Kosten für eine brustangleichende Operation. Dies hat das Sozialgericht Reutlingen kürzlich entschieden.
Bei der 1978 geborenen Klägerin wurde im Juli 2019 eine Brustkrebsoperation mit anschließender Bestrahlung durchgeführt. Durch die Entfernung des Tumors in der rechten Brust nahm der bereits zuvor bestehende Größenunterschied zwischen beiden Brüsten noch zu. Dieser Größenunterschied beider Brüste belastete die Kläger in erheblichem Maße. So gab sie an, nicht mehr in die Sauna zu gehen oder schwimmen zu können, was sie früher gerne getan habe. Die ungleiche Größe ihrer Brüste verdecke sie durch weite Kleidung. Da sie hierdurch psychisch sehr stark belastet sei, beantragte sie bei ihrer Krankenkasse die Übernahme der Kosten für eine stationär durchgeführte Operation der Brüste zur Größenangleichung. Dies lehnte die Krankenkasse ab.
Zu Recht entschied jetzt das Sozialgericht Reutlingen. Der ungleichen Größe beider Brüste an sich komme kein Krankheitswert zu, der eine Krankenhausbehandlung rechtfertige. Weder durch die ungleiche Größe noch durch das unterschiedliche Aussehen beider Brüste werde die Funktionsfähigkeit der Brüste, beispielsweise die Fähigkeit zum Stillen, beeinträchtigt. Auch stelle die ungleiche Größe beider Brüste keine äußerliche Entstellung dar, die einen Bedarf nach einer brustangleichenden Operation begründen könnte. Eine Entstellung könne nur dann angenommen werden, wenn sich die körperliche Auffälligkeit schon bei flüchtiger Begegnung in alltäglichen Situationen quasi „im Vorbeigehen“ bemerkbar mache und den Betroffenen zum Objekt besonderer Beachtung anderer mache. Hierfür maßgeblich seien Alltagssituationen mit gewöhnlicher Kleidung und gerade nicht, wenn man sich in der Sauna oder im Schwimmbad aufhalte.
Das Gericht hat sich einen persönlichen Eindruck von der Klägerin gemacht und auch vorgelegte Fotos angesehen und ist dann zu dem Ergebnis gelangt, dass durch die unterschiedlich großen Brüste keine Entstellung der Klägerin besteht.
Das Sozialgericht Reutlingen bestätigt damit die Auffassung des Bundessozialgerichtes, wonach kosmetische Defizite allein, die nicht zu einer Entstellung führen, keine Krankheit darstellen, die eine Krankenhausbehandlung rechtfertigen würden.
Az.: S 1 KR 1128/21 (Urteil vom 13.04.2022 (rechtskräftig))
Hinweis zur Rechtslage:
§ 11 Leistungsarten
(1) Versicherte haben nach den folgenden Vorschriften Anspruch auf Leistungen
1. bei Schwangerschaft und Mutterschaft (§§ 24c bis 24i),
2. zur Verhütung von Krankheiten und von deren Verschlimmerung sowie zur Empfängnisverhütung, bei Sterilisation und bei
Schwangerschaftsabbruch (§§ 20 bis 24b),
3. zur Erfassung von gesundheitlichen Risiken und Früherkennung von Krankheiten (§§ 25 und 26),
4. zur Behandlung einer Krankheit (§§ 27 bis 52),
5. des Persönlichen Budgets nach § 29 des Neunten Buches.
§ 27 Krankenbehandlung
(1) 1 Versicherte haben Anspruch auf Krankenbehandlung, wenn sie notwendig ist, um eine Krankheit zu erkennen, zu heilen, ihre
Verschlimmerung zu verhüten oder Krankheitsbeschwerden zu lindern.
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Vertreter: Christof Weber
Richter am Sozialgericht
Tel. 07121/940-3307
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