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Pressemitteilung

Datum: 25.09.2024

Kurzbeschreibung: Keine Kostenerstattung für Notfallbehandlung eines nicht krankenversicherten und mittellosen Patienten aus Rumänien

Ein Krankenhaus kann weder von der Krankenkasse noch vom Sozialamt die Erstattung von Kosten für eine Notfallbehandlung eines nicht krankenversicherten und mittellosen rumänischen Patienten verlangen. Dies entschied die 15. Kammer des Sozialgerichts Heilbronn.

Die Klägerin betreibt ein zur Behandlung von gesetzlich krankenversicherten Patienten zugelassenes Krankenhaus. In dieses wurde der 1968 geborene rumänische Patient V. P. als Notfall mit einer Hirnblutung eingeliefert und erhielt dort eine über vier Monate lange und über 200.000 € teure stationäre Behandlung. V. P. war zuletzt Saisonarbeiter auf dem Feld in Spanien und kam 2018 nach Deutschland, wo er dann nicht mehr erwerbstätig und mittellos war. Die Klägerin versuchte zunächst erfolglos, bei der rumänischen und spanischen Krankenversicherung eine Kostenerstattung für die Krankenbehandlung zu erhalten. Auch die deutsche Krankenversicherung lehnte die Kostenerstattung ab, weil der Patient kein Mitglied in der deutschen gesetzlichen Krankenversicherung gewesen sei. Erst über einen Monat nach der Ablehnung durch die rumänische Krankenversicherung beantragte die Klägerin beim Sozialamt die Kostenerstattung, welches ebenfalls nicht zahlte.

Die Klage vor dem Heilbronner Sozialgericht blieb erfolglos: Das Krankenhaus könne von der beklagten deutschen Krankenkasse keine Kostenerstattung verlangen, weil der Patient V. P. nicht nach § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V Mitglied in der Auffangpflichtversicherung gewesen sei. Dem stehe der Ausschlusstatbestand des § 5 Abs. 11 S. 2 SGB V entgegen, wonach wirtschaftlich inaktive Unionsbürger, welche weder über einen Krankenversicherungsschutz noch über ausreichende Existenzmittel verfügten, nicht von der Auffangpflichtversicherung erfasst würden. Dieses Ergebnis sei europarechtskonform, da ein EU-Staat zwar einem wirtschaftlich nicht aktiven Unionsbürger nicht den Beitritt zum öffentlichen Krankenversicherungssystem grundsätzlich verweigern könne, jedoch den Zugang zu diesem System von gewissen Voraussetzungen wie beispielsweise der Zahlung von Beiträgen abhängig machen könne.

Auch vom beigeladenen Sozialamt könne die Klägerin keine Kostenerstattung verlangen. Der geltend gemachte Anspruch als Nothelfer nach § 25 SGB XII greife nicht durch. Für einen solchen Anspruch fehle es jedenfalls an einer rechtzeitigen Antragstellung durch die Klägerin. Die Klägerin habe nach der Ablehnung der Kostenerstattung durch die rumänische Krankenversicherung über einen Monat lang gewartet, bis sie die Kostenerstattung beim Sozialamt beantragt habe. Damit habe die Klägerin einen Anspruch als Nothelfer beim Sozialamt nicht innerhalb einer angemessenen Frist geltend gemacht, weshalb nach § 25 Satz 2 SGB XII kein Erstattungsanspruch bestehe.

Az.: S 15 KR 10/22 Urteil vom 19.September 2024, nicht rechtskräftig

Hinweis zur Rechtslage: 

§ 5 Abs. 1 Nr. 13 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch  [SGB V]:

(1) Versicherungspflichtig sind

Personen, die keinen anderweitigen Anspruch auf Absicherung im Krankheitsfall haben und

a) zuletzt gesetzlich krankenversichert waren oder

b) bisher nicht gesetzlich oder privat krankenversichert waren, es sei denn, dass sie zu den in Absatz 5 oder den in § 6 Abs. 1 oder 2 genannten Personen gehören oder bei Ausübung ihrer beruflichen Tätigkeit im Inland gehört hätten.

 

§ 5 Abs. 11 Satz 2 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch  [SGB V]:

Angehörige eines anderen Mitgliedstaates der Europäischen Union, Angehörige eines anderen Vertragsstaates des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder Staatsangehörige der Schweiz werden von der Versicherungspflicht nach Absatz 1 Nr. 13 nicht erfasst, wenn die Voraussetzung für die Wohnortnahme in Deutschland die Existenz eines Krankenversicherungsschutzes nach § 4 des Freizügigkeitsgesetzes/EU ist.

 

 

§ 25 Zwölftes Buch Sozialgesetzbuch  [SGB XII]:

Hat jemand in einem Eilfall einem Anderen Leistungen erbracht, die bei rechtzeitigem Einsetzen von Sozialhilfe nicht zu erbringen gewesen wären, sind ihm die Aufwendungen in gebotenem Umfang zu erstatten, wenn er sie nicht auf Grund rechtlicher oder sittlicher Pflicht selbst zu tragen hat. Dies gilt nur, wenn die Erstattung innerhalb angemessener Frist beim zuständigen Träger der Sozialhilfe beantragt wird.

Haben Sie Fragen zu dieser Pressemitteilung oder kann das Sozialgericht Heilbronn sonst noch etwas für Sie tun? Sie können sich gern an die Pressestelle des Sozialgerichts wenden:

Joachim von Berg

Vizepräsident des Sozialgerichts

Tel. 07131/7817-219  

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