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Pressemitteilung vom 19.02.2015
Datum: 19.02.2015
Kurzbeschreibung: Stadt Heilbronn muss nach verlorenem „Musterprozess“ höhere Miete von allein lebender Sozialhilfeempfängerin zahlen - „schlüssiges Konzept“ zur Bestimmung der Angemessenheitsgrenze insoweit ungeeignet!
Die 67jährige L. wohnt allein in einer 58qm großen Mietwohnung in einem Mehrfamilienhaus in Heilbronn-Böckingen. Für ihre Miete bezahlt sie monatlich rund 440 € Bruttokaltmiete (bestehend aus 370 € Grundmiete - sog. Nettokaltmiete - zzgl. „kalte Nebenkosten“ für Müllabfuhr, Wasser, Abwasser etc.). Neben ihrer Altersrente von rund 340 € ist sie auf Sozialhilfeleistungen angewiesen. Ihre Unterkunftskosten übernimmt die Stadt Heilbronn seit April 2013 nur teilweise. Sie beruft sich auf ein von ihr entwickeltes, auf dem „Mietspiegel 2012 für die Stadt Heilbronn“ beruhendes „schlüssiges Konzept“. Hiernach sei für Einpersonenhaushalte in Heilbronn nur eine Grundmiete von maximal 297 € angemessen.
Die hiergegen gerichtete Klage hatte teilweise Erfolg: Die dem Mietspiegel und damit auch dem schlüssigen Konzept zu Grunde liegende Datenerhebung bezüglich der hier relevanten 1-Personen-Haushalte reiche nicht aus. So seien in den Mietspiegel und damit auch in das schlüssige Konzept keine repräsentativen Daten von nach 1978 gebauten Wohnungen für Einpersonenhaushalte bis 45m² eingeflossen. Hier weise der Mietspiegel (was die Stadt Heilbronn selbst eingeräumt habe) lediglich „Werte zur groben Orientierung“ auf. Dass die Beklagte seinerzeit nur 15 verwertbare Fragebögen von Vermietern nach 1978 gebauter Wohnungen bei der Stichprobe für den Mietspiegel zurückerhalten habe, könne nicht zu Lasten der L. gehen und liege womöglich daran, dass nur rund 1/5 der Wohnungen in die Stichprobe einbezogen wurden. Bei rund 58.000 Heilbronner Wohnungen sei auch davon auszugehen, dass hinreichend nach 1978 gebaute Mietwohnungen bis 45m² existierten. Da die Beklagte es unter Berufung auf fehlendes Personal abgelehnt habe, ihr schlüssiges Konzept nachzubessern, sei nach höchstrichterlicher Rechtsprechung auf die Werte der Wohngeldtabelle zurückzugreifen. Hieraus ergebe sich eine maximal zu übernehmende Bruttokaltmiete in Höhe von 393,80 €.
Anmerkung: Derzeit sind zahlreiche, mit Blick auf das „Musterverfahren“ ruhend gestellte Klagen beim Sozialgericht anhängig, in denen ebenfalls streitig ist, bis zu welcher Höhe die Mietkosten von Hartz IV- sowie Sozialhilfeempfängern in Heilbronn zu übernehmen sind.
Az.: S 11 SO 1505/13 (L. ./. Stadt Heilbronn, Urteil vom 11. Februar 2015, rechtskräftig; die Stadt Heilbronn hat die Berufung beim Landessozialgericht - Az.: L 7 SO 992/15 - zurückgenommen.)
Hinweis zur Rechtslage:
Gemäß § 35 Abs. 1 Satz 1 Zwölftes Buch Sozialgesetzbuch - Sozialhilfe - [SGB XII] werden Leistungen für die Unterkunft in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen erbracht. Nach Abs. 2 Satz 1 und Satz 2 dieser Vorschrift sind die Aufwendungen für die Unterkunft, soweit sie den die Besonderheit des Einzelfalles angemessenen Umfang übersteigen, insoweit als Bedarf zu berücksichtigen, als es nicht möglich oder nicht zumutbar ist, durch einen Wohnungswechsel, durch Vermieten oder auf andere Weise die Aufwendungen zu senken, in der Regel jedoch längstens für sechs Monate. Nach höchstrichterlicher Rechtsprechung ist der insoweit angemessene Quadratmeterpreis einer Wohnung sowohl für die Miete selbst als auch für die Mietnebenkosten mittels eines schlüssigen Konzepts für einen Vergleichsraum (wie z.B. hier für den Bereich der Stadt Heilbronn) zu ermitteln. Ein solches Konzept muss eine hinreichende Gewähr dafür bieten, dass es die aktuellen Verhältnisse des örtlichen Wohnungsmarktes wiedergibt. |