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Pressemitteilung vom 17.06.2015
Datum: 17.06.2015
Kurzbeschreibung: Einigung mit Landkreis Heilbronn: 66jähriger Neckarsulmer darf noch bis Ende Oktober 2016 in der Werkstätte für behinderte Menschen tätig sein!
Seit 2003 ist der heute 66jährige, nach einer Hirnhautentzündung im Säuglingsalter schwerbehinderte B aus Neckarsulm in einer Heilbronner Werkstätte für Behinderte (WfB) beschäftigt. Hierbei führt er einfache Kontroll- und Montagetätigkeiten durch. Die monatlichen Kosten hierfür in Höhe von zuletzt 1.150€ übernahm bislang der Sozialhilfeträger im Rahmen der Eingliederungshilfe. Den zu Grunde liegenden, unbefristeten Bewilligungsbescheid hob der Landkreis Heilbronn auf: Die „wesentlichen Verhältnisse“ hätten sich mit dem Erreichen des 65. Lebensjahres geändert, da mit dem „Eintritt in das Rentenalter“ nicht mehr der Beruf im Mittelpunkt stehe; allenfalls sei es noch möglich, anteilig die Kosten eines Aufenthalts in einer Tages- bzw. Begegnungsstätte für behinderte Senioren zu übernehmen. Der Kläger wolle vermutlich deshalb in der WfB bleiben, weil er sich bei einem Wechsel in die Tagesstätte an den Kosten beteiligen müsse. Im Übrigen unterscheide sich seine bisherige Tätigkeit in der WfB „nicht signifikant“ von einer Betreuung in der Tagesstätte.
Im anschließenden Klageverfahren hat das Sozialgericht Heilbronn die Geschäftsführerin der WfB als Zeugin vernommen. Diese hat ausgesagt, dass B im Vergleich zu anderen in der WfB Beschäftigten in „herausragender körperlicher und psychischer Verfassung“ sei. Seine Arbeitsergebnisse seien „sehr gut“, die Arbeitswoche gebe ihm Halt und Struktur. Demgegenüber seien die in der Tagesstätte betreuten Senioren regelmäßig nicht mehr in der Lage, dem Arbeitsauftrag einer WfB nachzukommen. Dort würden im Wesentlichen „gemeinsame Aktivitäten wie Kochen, Ausflüge, Gedächtnistraining etc. organisiert“.
In der gestrigen mündlichen Verhandlung (16. Juni 2015) haben der Landkreis Heilbronn und der Prozessbevollmächtigte des B auf gerichtlichen Vorschlag einen Vergleich geschlossen: Danach darf B in der WfB verbleiben bis zum Ende des Monats, in dem er 68 wird (Ende Oktober 2016). Bis dahin zahlt der Landkreis Heilbronn auch die Kosten hierfür.
Az.: S 11 SO 1820/14 (B ./. Landkreis Heilbronn; gerichtlicher Vergleich vom 16. Juni 2015)
Hinweis zur Rechtslage:
§ 53 Zwölftes Sozialgesetzbuch [SGB XII] - Sozialhilfe - (Auszug): (1) Personen, die durch eine Behinderung (…) wesentlich in ihrer Fähigkeit, an der Gesellschaft teilzuhaben, eingeschränkt oder von einer solchen wesentlichen Behinderung bedroht sind, erhalten Leistungen der Eingliederungshilfe, wenn und solange nach der Besonderheit des Einzelfalles, insbesondere nach Art oder Schwere der Behinderung, Aussicht besteht, dass die Aufgabe der Eingliederungshilfe erfüllt werden kann. (…) (3) Besondere Aufgabe der Eingliederungshilfe ist es, (…) eine Behinderung oder deren Folgen (…) zu mildern und die behinderten Menschen in die Gesellschaft einzugliedern. Hierzu gehört insbesondere, den behinderten Menschen die Teilnahme am Leben in der Gemeinschaft (…) zu erleichtern, ihnen die Ausübung eines angemessenen Berufs oder einer sonstigen angemessenen Tätigkeit zu ermöglichen oder sie so weit wie möglich unabhängig von Pflege zu machen. § 41 Abs. 1 Nr. 1 Neuntes Sozialgesetzbuch [SGB IX] - Rehabilitation und Teilhabe behinderter Menschen -: Leistungen im Arbeitsbereich einer anerkannten Werkstatt für behinderte Menschen erhalten behinderte Menschen, bei denen (…) eine Beschäftigung auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt (…) wegen Art oder Schwere der Behinderung nicht, noch nicht oder noch nicht wieder in Betracht kommen und die in der Lage sind, wenigstens ein Mindestmaß an wirtschaftlich verwertbarer Arbeitsleistung zu erbringen. § 48 Abs. 1 Satz 1 Zehntes Sozialgesetzbuch [SGB X] - Sozialverwaltungsverfahren -: Soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die beim Erlass eines Verwaltungsaktes mit Dauerwirkung vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt, ist der Verwaltungsakt mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben. |