Diese Website verwendet Cookies. Weitere Informationen erhalten Sie unter Datenschutz.
Pressemitteilung vom 03.06.2013
Datum: 03.06.2013
Kurzbeschreibung: Unfall beim „Luftschnappen“ vor 30 Grad heißer Montagehalle ist als Arbeitsunfall
anzuerkennen!
Nach Zustellung der schriftlichen Urteilsgründe berichtet das Sozialgericht über das Ergebnis der Sitzung der 13. Kammer vom 8. März 2013:
Der 37jährige Kläger D aus Besigheim ist als KfZ-Mechaniker beim großen Automobilkonzern X-AG beschäftigt. Am 16. Juli 2010 war er in dessen Fertigungshalle in Neckarsulm eingesetzt. Sowohl in als auch vor der Halle war es an jenem Tag um die 30 Grad heiß. In der Halle, die über keine Klimaanlage verfügt, wurden auch an diesem Tag immer wieder Neufahrzeuge im Stand bis auf 125km/h „hochgefahren“. Die Arbeiter waren aufgrund des Hallenglasdachs teils Sonneneinstrahlung ausgesetzt. Während eines mehrminütigen Leerlaufs des Montagebands holte D am rund 20 Meter von der Halle entfernten Kiosk ein Eis. Dies verzehrte er im Schatten unmittelbar vor einer Hallenaußentür. Kurz darauf stieß ein anderer Mitarbeiter die Tür auf und traf hierdurch D an der linken Ferse. D erlitt einen Riss seiner Achillessehne und eine 4cm lange Schnittwunde am Sprunggelenk. Er musste zweimal operiert werden, konnte wegen des Unfalls nicht mehr an seinen Arbeitsplatz zurück und leidet heute noch an den Folgen des Ereignisses. Die beklagte Berufsgenossenschaft (BG) übernahm zunächst die Behandlungskosten, lehnte dann aber die weitere Kostenübernahme und die Anerkennung des Unfalls als Arbeitsunfall ab: Das Eisessen habe nicht dazu gedient, die Arbeitskraft des D zu erhalten. Denn zum einen hätte sich D am Arbeitsplatz mit kostenlosen Getränken erfrischen können. Zum anderen habe sich der Unfall lediglich eine knappe Stunde nach D´s Mittagspause ereignet.
Mit seiner hiergegen gerichteten Klage machte D geltend, regelmäßig würden Besuchergruppen durch das Werk geführt. Deshalb habe die X-AG gewünscht, während einer Taktpause nicht „rumzustehen“, sondern den Arbeitsplatz zu verlassen. Das Sozialgericht Heilbronn hat die BG verpflichtet, den Unfall vor der Halle als Arbeitsunfall anzuerkennen: Zwar habe D seinerzeit erst eine knappe Stunde zuvor Mittagspause gehabt. Entscheidend sei aber, dass er sich nicht nur von seinem Arbeitsplatz entfernt habe, um sich ein Eis zu holen. Sondern auch deshalb, weil er ohne „Luftschnappen“ aufgrund der Hitze in der Halle und der dortigen schlechten Raumluft seine schwere körperliche Arbeit bis zum Schichtende gar nicht durchgehalten hätte.
Az.: S 13 U 1513/11 D. ./. Berufsgenossenschaft Holz und Metall (Urteil vom 8. März 2013, rechtskräftig).
Hinweis zur Rechtslage:
§ 8 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch [SGB VII] : (1) Arbeitsunfälle sind Unfälle von Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz (…) begründenden Tätigkeit (versicherte Tätigkeit). Unfälle sind zeitlich begrenzte, von außen auf den Körper einwirkende Ereignisse, die zu einem Gesundheitsschaden oder zum Tod führen. (…). Die Anerkennung als Arbeitsunfall hat weitreichende Folgen: So hat die zuständige Berufsgenossenschaft dem Betroffenen unter bestimmten Voraussetzungen u.a. Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben (z.B. eine medizinische Rehabilitationsmaßnahme oder eine Umschulung) zu erbringen, Verletzten-/Übergangsgeld oder eine Verletztenrente zu zahlen. |