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Kein Wunsch- und Wahlrecht eines Hilfeempfängers bei unverhältnismäßigen Mehrkosten

Datum: 17.02.2012

Kurzbeschreibung: 

Die 1919 geborene, pflegebedürftige Klägerin war von September 2009 bis Ende September 2010 vollstationär im L-Heim, einem Altenpflegeheim, in einem Einzelzimmer untergebracht. Der beklagte Sozialhilfeträger übernahm die dort anfallenden Heimkosten von kalendertäglich 76, 73 € im Rahmen der Hilfe zur Pflege nach dem SGB XII. Am 30.09.2010 wechselte die Klägerin - ohne vorherige Rücksprache mit dem Beklagten - in ein anderes Seniorenhaus in einer anderen Gemeinde. Die dortigen Heimkosten für ein Einzelzimmer belaufen sich auf kalendertäglich 86,04 €. Zu den Gründen des Heimwechsels machte die Klägerin eine ständige Appetitlosigkeit wegen schlechter Essensqualität im L-Heim, eine unzureichende Möglichkeit, sich bei gutem Wetter im Freien aufzuhalten, Bedrohungen durch eine aggressive Mitbewohnerin sowie eine insgesamt aggressive Atmosphäre im und eine unzureichende Ausstattung des L-Heims geltend. Der beklagte Sozialhilfeträger lehnte eine Übernahme der durch den Heimwechsel anfallenden Mehrkosten als unverhältnismäßig ab.

Das Sozialgericht Karlsruhe hat die unter Hinweis auf ihr Wunsch- und Wahlrecht hinsichtlich der Pflegeeinrichtung erhobene Klage der Klägerin abgewiesen: der Sozialhilfeträger solle Wünschen der Leistungsberechtigten, u.a. den Bedarf stationär zu decken, grds. nur entsprechen, wenn dies nach der Besonderheit des Einzelfalles erforderlich sei, weil anders der Bedarf nicht oder nicht ausreichend gedeckt werden könne. Er solle nach den gesetzlichen Bestimmungen in der Regel Wünschen aber dann nicht entsprechend, wenn deren Erfüllung mit unverhältnismäßigen Mehrkosten verbunden sei. Das Wunschrecht des Leistungsberechtigten werde bedeutsam, wenn ein Anspruch auf eine Sozialleistung dem Grunde nach bestehe und mehrere Handlungsalternativen in Betracht zu ziehen seien. Einem Wunschrecht des Hilfesuchenden sei dann nicht Rechnung zu tragen, wenn abzuschätzen sei, dass dessen Erfüllung mit unverhältnismäßigen Mehrkosten verbunden wäre. Im Fall der Klägerin habe mit der Unterbringung im L-Heim eine geeignete und zumutbare vollstationäre Unterbringungsmöglichkeit bestanden, die ihren objektiv erforderlichen Hilfebedarf, auch in Bezug auf Unterkunft, Pflege, Ernährung und Freizeitgestaltung, vollständig abgedeckt habe. Der Wechsel in eine andere Pflegeeinrichtung sei weder aus medizinischen noch aus pflegerischen oder sonstigen Gründen notwendig gewesen. Die von der Klägerin angeführten Gründe griffen nach dem Ergebnis der Beweiserhebung wie auch des über das L-Heim veröffentlichten MDK-Transparenzberichtes nicht durch. Deshalb habe der Hilfeträger zu Recht die Übernahme der Mehrkosten aus - steuerfinanzierten - Sozialhilfemitteln abgelehnt (Urteil vom 17.02.2012 - S 1 SO 3144/11 - ).

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