Navigation überspringen

Erkennt die beklagte Behörde aufgrund eines nach § 109 SGG erstellten Gutachtens den mit der Klage geltend gemachten Anspruch vollumfänglich an, löst dies keinen Anspruch des bevollmächtigten Rechtsanwalts auf eine Erledigungsgebühr aus.

Datum: 27.04.2011

Kurzbeschreibung: 

Die Beteiligten stritten über die Höhe der den Prozessbevollmächtigten der Klägerin im Rahmen RVG zu erstattenden Gebühren im Widerspruchs- und Gerichtsverfahren. Streitig war dabei allein, ob auch eine Erledigungsgebühr angefallen ist. Der Beklagte hatte bei der Klägerin zuletzt den Grad der Behinderung (GdB) zuletzt ab Februar 1997 auf 30 festgesetzt. Deren Neufeststellungsantrag lehnte das Landratsamt K. (LRA) zunächst ab, gab aber dem dagegen erhobenen Widerspruch gab teilweise statt und setzte den GdB Januar 2009 auf 40 fest. Der weitergehende Widerspruch, der auf die Feststellung des GdB mit 50 gerichtet war, blieb erfolglos. Im Klageverfahren erhob das Sozialgericht Karlsruhe zunächst Beweis durch Einholung schriftlicher Auskünfte der behandelnden Ärzte als sachverständige Zeugen. Auf Antrag und im Kostenrisiko der Klägerin erstatteten sodann gemäß § 109 SGG ein Orthopäde und ein Neurologe, Psychiater und Psychotherapeut medizinische Sachverständigengutachten. In Auswertung dieser Gutachten anerkannte der Beklagte nachfolgend einen GdB von 50 ab Januar 2009. Die Klägerin nahm dieses Anerkenntnis an und erklärte den Rechtstreit in der Hauptsache für erledigt.

Mit ihrem Kostenerstattungsantrag machten die Prozessbevollmächtigten der Klägerin u.a. eine Erledigungsgebühr geltend, der der Kostenbeamte antragsgemäß festsetzte. Die dagegen eingelegte Erinnerung des Beklagten hatte Erfolg: Die Kammer sah die Voraussetzungen einer Erledigungsgebühr nicht als erfüllt an, weil es an der erforderlichen „anwaltlichen Mitwirkung“ fehle.

Die Erledigung eines Rechtstreits „durch die anwaltliche Mitwirkung“ setze regelmäßig eine besondere Tätigkeit des Rechtsanwalts voraus, die über die normale Prozessführung hinaus geht. Die „anwaltliche Mitwirkung“ erfordere einen besonderen, nicht ganz unwesentlichen Beitrag des Rechtsanwalts zur Erledigung des Rechtstreits ohne eine gerichtliche Entscheidung. Dabei reichten nicht schon Tätigkeiten aus, die durch andere Gebühren wie etwa die Verfahrens- oder die Terminsgebühr honoriert würden. Erforderlich sei vielmehr ein gerade auf die unstreitige Erledigung des Verfahrens/Rechtsstreits gerichtetes Tätigwerden des Rechtsanwalts, das gerade auf die außergerichtliche Erledigung des Verfahrens oder unstreitige Erledigung des Rechtsstreits gerichtet sein müsse und über eine bloße Verfahrensförderung hinausgehe. Im Fall eines vollen Anerkenntnisses könne ein Rechtsanwalt seinen Mandanten regelmäßig ohne größere Mühe zu dessen Annahme bzw. zur Abgabe einer Erledigungserklärung bewegen. Die Abgabe einer solchen Prozesserklärung werde mit der Verfahrensgebühr abgegolten.

Eine „qualifizierte Mitwirkung“ der Prozessbevollmächtigten der Klägerin liege auch nicht darin, dass diese einen Beweisantrag gem. § 109 SGG gestellt hätten und die daraufhin erstatteten medizinischen Sachverständigengutachten Grundlage des Anerkenntnisses des Beklagten waren. Denn das Stellen sachdienlicher oder ergänzender Beweisanträge gehöre zu den Pflichten eines seinen Beruf gewissenhaft ausübenden und prozessführenden Rechtsanwalts und sei mit den übrigen Tätigkeitsgebühren bereits abgegolten. Die Antragstellung nach § 109 SGG stehe auch nicht einer Beschaffung neuer oder zusätzlicher Beweismittel durch den Kläger auf Veranlassung seines Rechtsanwalts und deren Einführung in das Gerichtsverfahren gleich, das bei einer nachfolgenden unstreitigen Erledigung des Prozesses ggf. eine Erledigungsgebühr auslösen könne. Vielmehr handele es sich um eine bloße Verfahrensförderung (Beschluss vom 27.04.2011 - S 1 SF 1771/11 E -).

Diese Website verwendet Cookies. Weitere Informationen erhalten Sie unter Datenschutz.