Navigation überspringen

Jahrelanger Rechtsstreit zwischen BKK und Landesverband findet sein Ende: Beteiligte schließen Vergleich im Millionenstreit

Datum: 22.11.2022

Kurzbeschreibung: In einem gerichtlichen Vergleich haben sich die klagende BKK und der beklagte BKK-Landesverband dahingehend geeinigt, dass die BKK Leistungsausgaben für aufwendige Leistungsfälle für das Geschäftsjahr 2011 von rund 500.000 € erstattet. Die BKK hatte ursprünglich einen Betrag von 2,8 Mio. Euro gefordert. Darüber hinaus verbleibt es bei einer gegenüber der BKK gesondert geltend gemachten Umlage i.H.v. rund 1,1 Mio. €, gegen welche die BKK ebenfalls Klage zum SG Heilbronn erhoben hatte. Insoweit hat die BKK die noch ruhende Klage zurückgenommen.

Aktenzeichen L 5 KR 1016/20

Streitig war, ob der beklagte BKK Landesverband zu Recht den Antrag der klagenden Betriebskrankenkasse (BKK) auf Erstattung von Leistungsausgaben für aufwendige Leistungsfälle wegen Fristversäumnisses für das Geschäftsjahr 2011 zurückgewiesen hatte.

 

Nach den seinerzeit gültigen Vorschriften des BKK-Landesverbandes (§ 6 Ausgleichsordnung 2011) waren „die ausgleichsfähigen Leistungsausgaben eines Kalenderjahres (…) bis spätestens 31. Oktober des Folgejahres (…) unter Beifügung von Kopien der anspruchsbegründenden Unterlagen zu beantragen. Maßgeblich ist der Zeitpunkt des Zugangs beim Landesverband.“

 

Mit E-Mail vom 29.10.2012 beantragte die BKK die ausgleichsfähigen Leistungsausgaben für 2011 und listete in einer Excel-Tabelle die betroffenen Fälle auf. Sie kündigte an, die Kopien der anspruchsbegründenden Unterlagen „zeitnah nachzureichen“. Erst am 15.11.2012 überreichte sie ihrem Landesverband drei DVDs mit spezifizierten Angaben für insgesamt 52 aufwendige Leistungsfälle mit der Bitte um Erstattung in millionenfacher Höhe. Anfang Dezember 2012 informierte der Beklagte die BKK telefonisch darüber, dass er deren Antrag für verfristet erachte. Daraufhin beantragte die Klägerin noch im Dezember 2012 vorsorglich Wiedereinsetzung in den vorigen Stand: Ihr für die Stellung des Antrags zuständiger Mitarbeiter M habe versehentlich nicht darauf geachtet, dem Antrag Unterlagen in Kopie beizufügen. Es sei „nicht nachvollziehbar“, aus welchem Grund er die Einhaltung von § 6 AO 2011 nicht beachtet habe. Davon auszugehen sei, dass er „die Regelung nicht genau gelesen“ habe. Nach Einschaltung anwaltlicher Vertretung machte die BKK im Juni 2013 erstmals geltend, zwei Mitarbeiter des Landesverbandes hätten gegenüber M und seinem Vorgesetzten V am 29.10.2012 telefonisch Fristverlängerungen eingeräumt. 

 

Der BKK-Landesverband lehnte den Antrag sodann wegen Fristversäumnisses ab, da die anspruchsbegründenden Unterlagen verspätet eingereicht worden seien. 

 

Mit ihrer hiergegen gerichteten Klage machte die BKK - die dem Landesverband zwischenzeitlich nicht mehr angehört -, vor dem Sozialgericht Heilbronn geltend, die Formulierung in § 6 AO 2011 („unter Beifügung der anspruchsbegründenden Unterlagen“) sei zu unbestimmt und daher unwirksam. Denn es sei unklar, was hiermit genau gemeint sei. Zudem hätten zwei Mitarbeiter des BKK-Landesverbandes ihr gegenüber noch kurz vor Fristablauf telefonisch versichert, dass die anspruchsbegründenden Unterlagen noch nachträglich eingereicht werden können. Ihr stehe ein Erstattungsanspruch i.H.v. rund 2,8 Mio. € gegenüber dem BKK-Landesverband zu.

 

Das Sozialgericht wies die Klage (nach Zeugenvernehmung von Mitarbeitern der BKK und des beklagten Landesverbandes) ab: Der Beklagte habe zu Recht den Antrag der Klägerin im Hinblick auf die erst am 15.11.2012 nachgereichten Unterlagen als verspätet zurückgewiesen. § 6 Abs. 1 AO 2011 sei hinreichend bestimmt. Aus dem Wortlaut „unter Beifügung von Kopien der anspruchsbegründenden Unterlagen“ folge bereits eindeutig, dass diese als Bestandteil des Antrags innerhalb der Antragsfrist („bis spätestens 31. Oktober des Folgejahres“) und nicht zu einem späteren Zeitpunkt einzureichen seien. Der klagenden BKK sei auch nicht Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren. Denn sie habe die Frist des § 6 AO Abs. 1 2011 nicht unverschuldet versäumt. 

 

Im Berufungsverfahren hat der Berichterstatter des 5. Senats des Landessozialgerichts Baden-Württemberg die Sach- und Rechtslage im Mai 2022 mit den Vorständen der Klägerin, des Beklagten und allen beigeladenen Mitglieds-Betriebskrankenkassen des BKK-Landesverbandes sowie den bevollmächtigten Rechtsanwälten in einem Gerichtstermin ausführlich erörtert und im weiteren Verlauf einen Vergleichsvorschlag unterbreitet. Dieser ist nunmehr angenommen worden. Hierin haben die Beteiligten vereinbart, dass der beklagte Landesverband der BKK Leistungsausgaben für aufwendige Leistungsfälle für das Geschäftsjahr 2011 in Höhe von rund 500.000 € erstattet. Darüber hinaus verbleibt es bei einer gegenüber der BKK gesondert geltend gemachten Umlage i.H.v. rund 1,1 Millionen €, gegen welche die BKK ebenfalls Klage zum SG Heilbronn erhoben hatte. Insoweit hat die Klägerin die noch ruhende Klage zurückgenommen. 

 

Mit dem Vergleich haben sich das Berufungsverfahren sowie das noch laufende Klageverfahren beim SG erledigt. 

 

Hinweis zur Rechtslage:

Nach § 265 SGB V können die Satzungen der Landesverbände eine Umlage der Verbandsmitglieder vorsehen, um die Kosten für aufwendige Leistungsfälle und für andere aufwendige Belastungen ganz oder teilweise zu decken. Näheres regelt die Satzung des jeweiligen Verbandes. 

§ 26 der Satzung des BKK -Landesverbandes in der seinerzeitigen Fassung lautet: „Der Landesverband führt für seine Mitgliedskassen einen Ausgleich für aufwendige Leistungsfälle nach § 265 SGB V durch. Das Nähere regelt die Ausgleichsordnung für aufwendige Leistungsfälle, die als Anlage Bestandteil der Satzung ist.“



Diese Website verwendet Cookies. Weitere Informationen erhalten Sie unter Datenschutz.